Regeln und Decisions

Seit über 15 Jahren bin ich treuer Verfechter der Regelwerke von R&A und der darin gemachten Erklärungen. Nur in letzter Zeit bin ich mir nicht mehr so sicher, ob bereits durch Überalterung vergessene Regelkenntnisse oder einfach modern sein scheinen, die neuesten Änderungen der Entscheidungen (Decisions 2006-2007) zu den Golfregeln prägen.

Es beginnt schon damit, daß man Jahrzehnte lang jegliche Art von graduierten Messungen, egal ob mit Maßband, optischem Messgerät oder sogar graduiertem Lineal verboten -geradezu verfolgt- und unter Strafe gestellt hat. Als besonderes Ausgefeiltes gibt es dazu die durchaus wohlgemeinten Ausführungen des DGV beim Spielen von "nearest to the pin", die bei klarem Verstand eigentlich mehr zu einem Lachanfall führten.

Nun, die Decisions 2006-2007 stellen alles auf den Kopf. Wenn eine Platzregel es erlaubt, sind optische Entfernungsmesser ab sofort gestattet (Entscheidung 14-3/0,5). Und das Ganze noch unter der ehernen hundertjährigen Golfregel, daß keine Platzregel eine Golfregel einschränken darf. Ich sage, das ist fern jeglicher Regelkonformität und blitzblanker Schwachsinn. Na ja, nach FIFA-Blatter verwundert im Sport sowieso nichts mehr.

Nun gibt es noch weitere Ungereimtheiten. Regel 16-1e sagt eindeutig und unzweifelhaft, daß nichts vom Spieler oder seinem Caddy über, auf oder hinter der Puttlinie stehen darf. In den Decisions wurde dies nun eingeschränkt, Entscheidung 16-1e/2 für den kurzen Putt. Wenn ein Hektiker keinen Anstand hat, unachtsam ist, nicht warten und auch seinen Ball nicht markieren will, so darf er nun auch hinter und über seinem Ball stehen und einlochen. Natürlich auch in seiner verlängerten Puttlinie stehend. Nun sollten wir neue Decisions darüber bekommen wo der kurze Putt anfängt und aufhört. 20 cm, 50 cm oder 200 cm? 1 Schägerlänge? Deren 2? Was ist nun Unachtsamkeit? Beim Nasenbohren eingelocht? Die Augen bei der hübschen Flightpartnerin am Po und geistesabwesend geputtet? Solche Entscheidungen sind schlichtweg Sondermüll. Das ist Kaugummi, der gehört in die Hosen der Urheber geklebt und nicht den Rulern aufs Auge gedrückt.

Das Ganze wird nun scharfsinnig damit begründet, daß die Regel 16-1e nur dazu da sei, das Putten im Krocketstil zu verhindern. Auch hier ist die Begründung wieder mit Bitmusterfehlern versehen (Computersprache), denn wegen der genauen Konstrukionsvorgaben für Putter ist es bestenfalls für Spastiker möglich im Krocketstil zu putten. Wenn Ihr Caddie nur ungefähr auf der verlängerten Puttlinie steht, dürfen Sie sich im Gegensatz dafür 2 Strafschläge schreiben. Passt so etwas zusammen?

Wir Ruler und Ausbildende dürfen uns nun mit einem Wust von 37 neuen und 66 revidierten Entscheidungen herumschlagen. Soweit wir Unterricht geben, sind nun unsere Zöglinge bis zu Teaching-Pros falsch informiert und beziehen sich logischerweise auf uns. Entscheidungen die wir in Turnieren getroffen haben, sind nun möglicherweise jetzt falsch. Soll das der künftige Weg des Vollzuges der Golfregeln sein?

Ehe das so weiter geht, halte ich es für besser, alle Regeln durch eine zu ersetzen: Wer am lautesten Schreit hat recht. Oder wie beim freestyle-Golf, wenn der Ball nicht spielbar ist, mit einem Strafschlag auf der Fairwaymitte, nicht näher zur Fahne, droppen und weiter gehts. Damit könnte man sich dann das ganze Gesumse mit Golfregeln sparen, die eigentlich sowieso keiner will, einhält, beugt oder nicht kennt. Man wird doch im R&A nicht gar alle 2 Jahre wieder neuen Müll produzieren wollen und die verzweifelten Golfer sollen dann dies auch noch alles beherzigen und lernen?

Ich auf alle Fälle, bin uneingeschränkt dafür, die alten Männer vom R&A in die Wüste zu schicken und ein Gremium der EGA und USGA für eine künftig klare Regelerstellung und Konformität zu bilden. Dabei wären Fachleute, die nicht schon senilitätsgeprägte Entscheidungen treffen, durchaus von Vorteil.

Nachtrag 2008: Nun haben die Regelgewaltigen ihren Mist wenigstens doch noch in die Regeln aufgenommen, denn vorher bestand eine Regelentscheidung ohne dazu gehörige Regel. Tolle Juristen. Jedoch für das Messen mittels graduiertem Massband besteht nach wie vor die Strafregelung. Immer wieder kommt es zu Disqualifikationen beim Messen "nearest to the pin". Also bitte zuerst den Ball markieren (seitlich vom Ball, damit der Putt nicht behindert ist), alle Spieler fertig spielen, den Ball erst dann wieder zur Markierung zurück legen und völlig erleichtert ohne drohende Disqualifikation die Entfernung zum Loch messen.

Und noch was: Wenn einer Ihrer Flightpartner ein elektronisches Entfernungsmessgerät mit Erlaubnis durch eine Platzregel benützt und mit Ihnen dann auch noch zocken oder Turnier spielen will, strafen Sie ihn mit Verachtung, denn er will sich nur unsportlich einen Vorteil erschleichen. Mein Rat: Spielen Sie einfach künftig nicht mehr mit ihm. So mache ich es, egal welches Ansehen die Person hat, versprochen!



Euer "Regelfuzzy" A. Pflueger
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6-2006/1-2007/8-2008